Willkommen zurück!
Wie bereits angekündigt widmen wir uns heute der wohl wichtigsten Ressource eines Unternehmens – dem Mitarbeiter. Auch in Zeiten des Wandels lohnt es sich das Wohlergehen der Mitarbeiter, welche besonders in agilen Strukturen gefordert sind, im Auge zu behalten. Wie steht es um die Belastungssituation der Mitarbeiter durch agile Systeme wie z.B. Scrum im Vergleich zu klassischen Systemen?
In Anlehnung an ein Interview mit der Wissenschaftlerin Dr. Stephanie Porschen-Hueck vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. führen wir uns einmal die Punkte vor Augen, die bereits in den klassischen Systemen zu Problemen geführt haben. Das sind oftmals vor allem zeitfressende, unproduktive Meetings, aber auch durch zu strenge Hierarchien verursachte langwierige Entscheidungsprozesse. Zudem gibt es in nahezu allen Unternehmen fast immer einen „Brandherd“ der schnellstmöglich gelöscht werden muss, resultierend daraus, dass Fehler zu spät entdeckt werden.
Auch wenn Scrum zunächst als das Framework zur Umsetzung von agilen Zielen galt, kann auch hier eine Belastung durch Meetings nicht verhindert werden. Weiteres Konfliktpotential entsteht durch Mitarbeiter, die parallel in mehreren agilen Teams eingesetzt werden. Problematisch wird es zudem, wenn agile Rollen auf bestehende Führungsrollen treffen. Hier sollte von Anfang an ein klares Verhältnis geschaffen werden. Die Elemente des Frameworks Scrum sind in erster Linie natürlich hilfreich, können jedoch auch missbraucht werden. So kann aus dem „Daily Scrum“, einem täglich stattfindenden Austausch zum aktuellen Geschehen, schnell eine Bühne zur Selbstdarstellung werden.
Was fällt auf in Organisationen mit agilen Prozessen? Wie kommen die Mitarbeiter mit agilen Strukturen zu Recht?
Frau Dr. Porschen-Hueck, die in Begleitung eines IT-Entwicklungs- und Beratungspartners, Unternehmen mit bereits bestehenden agilen Strukturen untersuchte, überraschte allem voran die Tatsache, dass einige Teams die agilen Formate als Formalisierungsinstrument verwendeten. Wie erwartet konnte sie bei den einzelnen Mitarbeiter unterschiedliche Reaktionen auf das Einführen des neuen Frameworks feststellen. Während einige Mitarbeiter sich der Herausforderung stellten und nach einem begleitenden Coaching unter ihrer neuen Verantwortung regelrecht aufblühten, empfanden andere das neue Framework als befremdlichen Eingriff. Im Rahmen dieser Untersuchung bemerkte sie auch mangelnde Flexibilität auf Seiten des Arbeitgebers bei der Unterstützung der agilen Teams. Wie sich zeigte, kann Agilität auch negative Konsequenzen haben z.B. wenn Kundenorientierung in einem agilen Entwicklungsprozess zu „Fremdsteuerung durch den Kunden“ führt.
Trotz Grundsätzen wie „sustainable pace“ zu hohes Arbeitstempo?
Mit dem Grundsatz „sustainable pace“ wird im Wesentlichen ein Arbeitstempo beschrieben, das so angepasst ist, dass es auch über einen längeren teilweise auch unbestimmten Zeitraum durchgehalten werden kann. Reiht sich jedoch ein agiles Projekt an das andere, helfen auch solche Grundsätze nicht wirklich. Bei agilen Projekten besteht zudem die Gefahr, dass Teilergebnis zu schnell erzielt werden wollen, um brenzlige Situationen oder Engpässe am Ende des Projekts zu vermeiden. Stress entsteht zum einen durch Selbstobjektivierung und Teamdruck, zum anderen aber auch durch widersprechende Verhältnisse.
Was muss getan werden um Belastungen zu reduzieren?
Hier hat auch Frau Dr. Porschen-Hueck keine Musterlösung, aber eine klare Empfehlung. Man müsse an den Widersprüchen zwischen formalen Prozessen und materiellen Notwendigkeiten arbeiten. Beispielsweise muss der richtige Grad zwischen Hierarchie und Selbstorganisation gefunden werden, um nur einen der Widersprüche zu nennen. Letztendlich müsse aber jedes Unternehmen seinen eigenen Weg finden.
Quellen der Inspiration
Wir haben im letzten Beitrag gelesen, dass Mitarbeiter mit agilem Mindset gefragt sind und dass das Arbeiten an der eigenen Person und ihrer Entwicklung dabei von entscheidender Bedeutung sind. Daher ist es wichtig sich einmal vor Augen zu führen, was die eigenen Motivations- und Inspirationsquellen eigentlich sind. Gerade unter Zeitdruck ist es schwer die nötige Ruhe für neue Ideen zu finden und sich Raum zu schaffen, der auch Platz für neue Denkweisen lässt. Viel zu oft haben wir uns dabei in unserer Alltagsroutine festgefahren.
Nehmen Sie sich also an dieser Stelle einen Augenblick Zeit, um über Ihre Quelle der Inspiration nachzudenken. Im Optimalfall können Sie diese als Rückzugsmöglichkeit nutzen, um zu neuer Kraft zu finden. Dem einen verhelfen Bücher oder Musik zu neuer Inspiration, während sich anderen erst einmal von der Enge der Stadt, des Büros oder der Wohnung befreien müssen, um zu neuer Inspiration in der Natur zu finden.
Kinder sind dabei sehr gute Vorbilder. Sie sind neugierig, verfolgen ihre Interessen mit Hingabe und haben dabei die Fähigkeit nicht zu beurteilen oder eine Sache direkt zu zerreden. Wenn Sie die Welt nur noch schwer mit Kinderaugen betrachten können, versuchen Sie sich auf tiefergehende Gespräche mit anderen Menschen einzulassen. Menschen, mit denen Sie vielleicht wenig Ähnlichkeit haben oder mit denen Sie sich normalerweise eher nicht unterhalten würden. Wussten Sie, dass Sie dabei auch von anderen Lebensentwürfen lernen können? Vielleicht inspiriert Sie das ein oder andere Gespräch dazu Ihren Horizont zu erweitern, Dinge anders zu sehen, Ihre Meinung zu ändern. An dieser Stelle sei gesagt, dass es nicht verwerflich ist seine Meinung zu ändern. Dies wird nicht als Unbeständigkeit gewertet, solange Sie dazu stehen, dass Sie sie geändert haben.
Der nächste Beitrag dreht sich rund um das Thema „Agile Bildung“. Dabei werde ich Ihnen eine Reihe von agilen Lernformaten vorstellen und Wege aufzeigen, wie Sie diese in Ihr Unternehmen integrieren können. Des Weiteren beschäftigen wir uns mit der Retroperspektive. Sie fragen sich wofür ein Blick in die Vergangenheit gut sein soll? Dann seien Sie auch nächstes Mal wieder dabei, wenn es heißt: Start your transformation!
Quellen:
Porschen-Hueck, S. (2019): Widersprüche aushalten. In: changement, 2019 (06)
Rath, G. (2019): Quellen der Inspiration. In: changement, 2019 (06)