Wenn Sie einem Lebensmuster folgen, das nur auf goldene Eier ausgerichtet ist und die Gans vernachlässigt, wird es Ihnen bald an dem Faktor fehlen, der die goldenen Eier produziert. Wenn Sie sich andererseits nur um die Gans kümmern und die Eier ignorieren, werden Sie bald nichts mehr haben, um sich selbst oder die Gans zu ernähren.
Diese banale Erkenntnis ist abgeleitet aus:
Aesops Fabel – Von der Gans und den goldenen Eiern
Aesop war ein antiker griechischer Dichter von Fabeln und Gleichnissen, der wahrscheinlich im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte. Er gilt als Begründer der europäischen Fabeldichtung und so wurde sein Name zum Gattungsnamen für die Fabeldichtung überhaupt.
In seiner Fabel erzielt Aesop die Geschichte eines armen Bauern, der eines Morgens im Nest seiner Lieblingsgans ein goldenes Ei entdeckt. Zunächst glaubt er, es müsse sich um eine Täuschung handeln. So beschließt er, das Ei schätzen zu lassen.
Es stellt sich heraus, dass es aus reinem Gold besteht! Der Bauer kann sein Glück kaum fassen. Am nächsten Tag ereignet sich das Gleiche und er staunt noch mehr. Tag für Tag läuft er nach dem Aufstehen gleich zum Nest seiner Gans und findet ein goldenes Ei. Er wird dadurch unglaublich reich. Es scheint alles zu schön, um wahr zu sein.
Aber mit seinem wachsenden Reichtum entwickeln sich bei dem Bauern Gier und Ungeduld. Der Bauer will nicht mehr jeden Tag auf das goldene Ei warten, sondern die Gans schlachten und alle Eier auf einmal haben. Aber als er die Gans schlachtet und aufschneidet, findet der Bauer allerdings nichts. Keine goldenen Eier – und keine Chance mehr, weitere zu bekommen. Der Bauer hat die Gans geschlachtet, die ihm die goldenen Eier Tag für Tag beschert hat.
Effektivität (wohl gemerkt nicht Effizienz)
Stephen R. Covey sagt dazu in seinem Buch „Die 7 Wege zur Effektivität“, in dieser Fabel stecke die grundlegende Definition von Effektivität, die von vielen Menschen gemäß dem Paradigma des goldenen Eis verstanden wird.
Effektivität bedeutet übrigens: die „richtigen“ Dinge zu tun.
Effizienz hingegen bedeutet: die Dinge „richtig“ zu tun.
Aesops Fabel zeigt, dass wahre Effektivität eine Verkörperung von zwei Dingen ist: dem, was produziert wird (den goldenen Eiern) und dem produzierenden Faktor oder der Kapazität zu produzieren (der Gans). Wie der törichte Bauer legen wir oft zu viel Gewicht auf kurzfristige Ergebnisse und merken gar nicht, dass das auf Kosten der langfristigen Produktivität geht.
Das P/PK-Gleichgewicht
Effektivität beruht auf einem Gleichgewicht: dem P/PK-Gleichgewicht. „P“ steht für die Produktion der gewünschten Ergebnisse und „PK“ für die Produktionskapazität. Obwohl es offensichtlich nötig ist, ein Gleichgewicht zwischen dem P und PK herzustellen, vernachlässigen wir unsere physischen, finanziellen und sonstigen Ressourcen häufig.
Auf der anderen Seite steigern PK-Investitionen, wie körperliche Bewegung, gesunde Ernährung oder die Verbesserung der Beziehungen, unsere Lebensqualität.
Vielleicht denken Sie auch einmal im Hinblick auf sich selbst darüber nach: Wo können Sie in Bezug auf Ihre Produktion und Ihre Produktionskapazität für ein besseres Gleichgewicht sorgen? In welchem Lebensbereich könnte das sein?
- Privat: In der Beziehung zu Ihrem Partner/ihrer Partnerin oder zu Ihren Kindern?
- Beruflich: In der Beziehung zu Kollegen und Mitarbeitern?
- Finanzen: Bei Ihren Ansprüchen?
- Gesundheit: Bei Ihrer Ernährung und Ihrem Gewicht?
- In der Freizeit: Werden Sie ausgenutzt von Freunden oder nutzen Sie gar andere aus?
- (…) usw.
Gleichgewicht aus Voraussetzung für jedweden Erfolg
Für privaten, unternehmerischen und jede Art von nachhaltigem Erfolg ist Gleichgewicht gefragt. Das Gleiche gilt auch für unsere Gesellschaft insgesamt und die Weltgemeinschaft. Ich erinnere hier an meinen Blog-Beitrag „Bischöfe sind auch (nur) Menschen! Gott sei Dank!“ in Zusammenhang mit der „Laudato si“ von Papst Franziskus.
Das Konzept der „7 Wege zur Effektivität“
Dieses Konzept ist für mich ein total überzeugendes Konzept. Die 7 Wege verkörpern die Essenz davon, eine ausgewogene, redliche, starke Person zu werden und ein sich untereinander ergänzendes Team aufzubauen, dessen Grundlage gegenseitiger Respekt ist. Die 7 Wege sind die Prinzipien des persönlichen Charakters.
Dieses Konzept ist zeitlos, unabhängig von Politik und Religion und kann in allen Kulturkreisen angewendet und erfolgreich gelebt werden. Es gibt sogar Schulen im englischsprachigen Raum z.B. in den USA, in England, Süd-Amerika, Afrika sowie Asien, die nach diesen Prinzipien die Bildung organisieren.
Die sieben Wege, die von Covey befürwortet werden, sind:
1. Weg: Pro-aktiv sein
2. Weg: Schon am Anfang das Ende im Sinn haben
3. Weg: Das Wichtigste zuerst tun
4. Weg: Gewinn/Gewinn-Denken
5. Weg: Erst verstehen, dann verstanden werden
6. Weg: Synergien schaffen
7. Weg: Die Säge schärfen
Die drei ersten Wege kann man mit vier Worten zusammenfassen: Versprechen geben und halten. Die Fähigkeit, ein Versprechen zu geben, ist die Pro-Aktivität (1.Weg). Der Inhalt des Versprechens ist der 2. Weg und es zu halten der 3.Weg.
Die drei nächsten Wege, bei denen es um Teams geht, die sich untereinander ergänzen, lassen sich so zusammenfassen: Die Menschen in das Problem einbeziehen und gemeinsam eine Lösung ausarbeiten. Das erfordert gegenseitigen Respekt (4. Weg), gegenseitiges Versprechen (5. Weg) und kreative Kooperation (6. Weg). Der 7. Weg, „die Säge schärfen“, vergrößert unsere Kompetenz in den vier Grunddimensionen unserer Natur: Körper, Verstand, Herz und Geist. Er führt uns zur Erneuerung unserer persönlichen Integrität und Sicherheit (1. und 3. Weg) und des Geistes und Charakters des sich untereinander ergänzenden Teams.
Beim 7. Weg geht es darum, dass wir uns in den vier Grunddimensionen unseres Seins – der physischen, sozialen/emotionalen, mentalen und spirituellen Dimension – ständig erneuern müssen. Dieser Weg vergrößert unsere Kapazität, alle anderen Wege zur Effektivität in unserem Leben umzusetzen. Hier pflegen wir unsere Gans, die die goldenen Eier legt.
Quelle: „Die 7 Wege zur Effektivität: Prinzipien für persönlichen und beruflichen Erfolg.“
Meine persönlichen Erfahrungen mit den sieben Wegen
Ich selbst habe schon mehrere Seminare zu diesem Thema besucht und versuche nach diesen Prinzipen zu leben; wobei mir das nicht immer gelingt. Ich bin Initiator und Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Zukunftswerkstatt Oberlahn e.V., in dem wir Workshops für Jugendliche und Auszubildende zu diesem Konzept anbieten.
Neben mir sind fünf Mitarbeiterinnen der Mühl Christ Partner Steuerberatungsgesellschaft zu 7-Wege-Trainern für Jugendliche vom Franklin-Covey-Institut ausgebildet und lizensiert.
In einer Gesellschaft, die von Schnelligkeit und Informationsflut geprägt ist, besteht die Aufgabe von Bildung in erster Linie darin, Kinder und Jugendliche in ihrem Selbstwert zu stärken und sie zu verantwortlichen Persönlichkeiten heranzuziehen.
Mit diesem FranklinCovey-Programm werden Kinder und Jugendliche frühzeitig und gezielt in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefördert. Sie erwerben zeitlose und universelle Lebenskompetenzen, die Stephen R. Covey in „Die 7 Wege zur Effektivität“ beschreibt. Das Programm ist aktiv, spielerisch, legt Wert auf Freude am Lernen und wird durch Gruppenübungen, Einzelaufgaben und Paardiskussionen sowie Videosequenzen unterstützt. Vor allem die nachhaltige Verankerung der gewonnenen Erkenntnisse liegt uns am Herzen.
Der Workshop eignet sich für Jugendliche und Auszubildende, die eine positive Einstellung zu sich und ihrem Umfeld erhalten bzw. ausbauen möchten.
Stabiler Kern und innere Stimme
Das Konzept der sieben Wege von Covey ist auf die Stärkung des Charakters, auf Basis von aufrichtigen Werten und Prinzipien und einem nachhaltigen Gleichgewicht, gerichtet. Wenn ich etwas an mir ändern will, geht das nur über die Gedanken und das Denken und darüber die Paradigmen, Einstellungen und Gewohnheiten zu ändern.
Wenn Sie regelmäßig meine Blogbeiträge lesen, erinnern Sie sich vielleicht an folgende Beiträge und Aussagen:
„Wir haben die volle Verantwortung – Neues Denken im Zeitalter 4.0“
„Unsere heutige Zeit steckt voller Umbrüche, Verunsicherungen und Widersprüche. Alles scheint rasend schnell abzulaufen und wir haben oft das Gefühl nicht mithalten zu können und den Geschehnissen hilflos gegenüberzustehen. Gerade in dieser Zeit benötigen die Menschen Halt und Orientierung. Der Einzelne benötigt, dringlicher als je zuvor, einen stabilen inneren Kern, um für seine Entscheidungen und Handlungen eine gute Grundlage zu haben und auch um seine körperliche, geistige und seelische Gesundheit zu erhalten.“
„Die Kraft der Gedanken ist unsichtbar wie der Same, aus dem ein riesiger Baum erwächst; sie ist aber der Ursprung für die sichtbaren Veränderungen im Leben des Menschen.“
Leo Tolstoi
„Bischöfe sind auch (nur) Menschen! Gott sei Dank!“
„In der vorherigen Adventsvesper im Limburger Dom hielt der Bischof eine kurze Ansprache und machte deutlich, dass es nicht immer angezeigt sei, allgemein gesprochen, mit jeder stärkeren Macht zu paktieren und sich nach deren Vorgaben zu richten, sondern den eigenen Weg zu gehen. Wichtig sei gerade für Menschen in politischer und unternehmerischer Verantwortung, mehr auf seine innere Stimme zu hören und danach zu handeln. Das setze jedoch voraus, dass man seine innere Stimme überhaupt hören und wahrnehmen könne. Das sei in der heutigen Zeit durchaus für viele Menschen nicht so einfach, gebe es doch so viele lautstarke Überlagerungen, die die innere Stimme übertönten. Um die innere Stimme überhaupt wahrnehmen zu können, bedürfe es sich Zeitabschnitte der Stille und Einkehr zu schaffen“
All diese Aussagen finden sich den in den Grundzügen und dem Ansinnen nach auch in dem Konzepts der 7 Wege zur Effektivität wieder.
Für mich steht dabei vor allem im Vordergrund:
Wir brauchen für die erfolgreiche Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen Persönlichkeiten, die Risiko und Verantwortung in allen Bereichen der Gesellschaft übernehmen und dabei eine Überflussmentalität dahingehend entwickeln, ihr Wissen, ihr Know-how mit anderen Gleichgesinnten im Sinne von „1+1 = 3 oder 100 oder 1.000 oder 1.000.000“ zu teilen.
Wir brauchen Menschen, die die „Gänse mit den goldenen Eiern“, die wir überall auf unserer Erde haben, nicht schlachten, sondern verantwortlich mit allen Ressourcen und den Menschen und ihren Sozialsystemen umgehen, ganz im Sinne der „Laudato si“ von Papst Franziskus.
Wir brauchen Menschen, die Träume, den Mut und das Geschick haben, die religiösen und politischen Gräben, die Kriege, den Terrorismus, den Rassismus, den Radikalismus und all das zu überwinden, was uns Menschen trennt und nicht vereint. Genau in dem Sinne, wie Martin Luther King jr. in seiner berühmten Rede „I have a dream“ es ausgedrückt hat.